2019 war ein sehr spannendes Jahr für alle, die sich für das ehemalige Jugoslawien interessieren. Und es war das mit Abstand erfolgreichste Jahr für Balkan Stories. Dafür ganz herzlichen Dank an alle – und einen guten Rutsch!
Fast 100.000 Menschen haben sich 2019 bei Balkan Stories informiert. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Jahr davor.
Der Anlass für das große Interesse war freilich kein angenehmer.
Ein halbes Jahr Skandal
Auf der ehemaligen Mülldeponie von Vučjak bei Bihać in Nordwestbosnien ließ der Bürgermeister ein illegales Flüchtlingslager errichten und Flüchtlinge zwangsweise dorthin bringen.
Balkan Stories veröffentlichte den ersten deutschsprachigen Bericht über diesen Skandal (siehe HIER).
Zahlreiche Medien griffen die Geschichte auf.
Das öffentliche Interesse und der Einsatz des deutschen Journalisten und Flüchtlingshelfers Dirk Planert sorgten vor allem in Wien für eine Welle der Hilfsbereitschaft und des Protests gegen den Skandal.

Die Plattform SOS Balkanroute von Rapper Kid Pex alias Petar Pero Rosandić, der Verein We Help rund um Renato Čiča und die Flüchtlingshelferin Brigitte Holzinger aus Kremsmünster taten sich besonders hervor.
Balkan Stories begleitete sie auf einem Hilfstransport. (Videoreportage siehe HIER)
Auch internationale Organisationen protestierten gegen das Lager auf einer ehemaligen Mülldeponie. Dennoch dauerte es ein halbes Jahr, bis es geschlossen wurde und menschenwürdige Quartiere für die Flüchtlinge gefunden wurden.
Balkan Stories berichtete laufend. Für einen Überblick siehe HIER.
Kampf um Gerechtigkeit
Ein weiteres Thema, das diesen Blog auf Trab hielt, war die Entwicklung rund um Pravda za Davida und Pravda za Dženana, die größte bosnische Protestbewegung seit dem Krieg.
Die Mitglieder fordern, dass die Morde an David Dragičević aus Banja Luka und Dženan Memić aus Sarajevo aufgeklärt werden. Dass die Fälle ungelöst bleiben, zeigt nicht nur aus ihrer Sicht das bosnische Staatsversagen auf.

In Bosnien sorgte das für massive Spannungen. Nach zahlreichen Morddrohungen sah sich Davor Dragičević genötigt, nach Österreich zu fliehen.
Er ist Vater von Mordopfer David und Initiator der Bewegung Pravda za Davida.
Für besonderes Aufsehen sorgte ein Exklusivinterview mit Balkan Stories (HIER). Davor bestätigte, dass er damals Asyl beantragt hatte. Das Interview wurde zur Topstory in Bosnien.
Die Berichterstattung kostete viel Kraft. Einige geplante Reportagen wurden auf die lange Bank geschoben.
Gewohnt Ungewöhnliches
Dennoch, auch 2019 konnte Balkan Stories mit gewohnt ungewöhnlichen Geschichten aus dem ehemaligen Jugoslawien aufwarten.
So wurde HIER etwa die kleinste Buchhandlung der Welt in Montenegro aufgespürt.
Auch in Skopje fand Balkan Stories-Autor Christoph Baumgarten neben der augenkrebsverdächtigen Turboarchitektur (siehe HIER) einen seltsamen Widerspruch: Offiziell ist Mazedonien Einwanderungsland. Mit der Realität scheint sich das mittelschwer zu schlagen (siehe HIER).

Eine besonders schöne Geschichte war die erste Pride Parade in Sarajevo. Wie HIER nachzulesen kamen weitaus mehr Menschen als erwartet.
Die Parade war ein wichtiger und stimmungsvoller Beitrag zur Gleichberechtigung in Bosnien.

Überhaupt, dieses Jahr schaffte es Christoph endlich, alle Nachfolgestaaten Jugoslawiens zu besuchen.
In Beograd dokumentierte er einen Orgasmus hautnah (siehe HIER.)
Dort traf er auch Aktivisten von Ateisti Srbije, die gegen den wachsenden Einfluss der orthodoxen Kirche kämpfen (siehe HIER).
In Niš beobachtete Balkan Stories den Kampf zwischen drei Roma-Jungen und einem Kellner um Essensreste (siehe HIER).
Aus Sarajevo gibt es HIER eine Szene, wie sie wahrscheinlich nur dort zu beobachten ist.
Letztendlich bewahrheitete sich HIER eine lang gehegte Vermutung Christophs: Zenica ist überall.
Was 2019 neu brachte
Dass Balkan Stories langsam eine relevante Seite zu werden scheint, zeigt sich auch daran, dass vermehrt Künstlerinnen und Künstler die Redaktion aktiv auf ihre Projekte ansprechen.
Stellvertretend sei DIESE Londoner Ausstellung der bulgarischen Künstlerin Vera Hadzhiyska genannt.
2019 brachte auch den Start von Balkan Stories Videos.
Autor Christoph Baumgarten war lange Fernsehredakteur. Für ihn ist es ein bisschen eine Rückkehr zu einer alten Leidenschaft. Und ein Lernprozess.
Balkan Stories ist ein nicht kommerzielles Medium.
Professionelle Ausrüstung wie seinerzeit beim ORF steht daher nur in beschränktem Ausmaß zur Verfügung beziehungsweise wird aus eigener Tasche finanziert.
Auch wenn diese Seite ein vielleicht eher aufwändigeres journalistisches Hobbyprojekt ist – Balkan Stories ist zum größten Balkanblog im deutschsprachigen Raum geworden.
Das vor allem Dank Euch, den werten Leserinnen und Lesern.
Sretna Nova Godina
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Geschichten erzählen macht nur Sinn, wenn sie auch gehört beziehungsweise gelesen werden. Vor allem, wenn sie so aufwändig sind wie manche, die hier zu lesen sind.
Auch Feedback ist immer willkommen.
Danke für 2019 – und Sretna Nova Godina!