Bijelo Dugme: Die Gerüchteküche kocht

Um die legendäre jugoslawische Band Bijelo Dugme kocht die Gerüchteküche wie seit Jahrzehnten nicht. Zur Jubiläumstour könnte es zu einer für unmöglich gehaltenen Reunion kommen. Es wäre die wohl größte Sensation in der Musikszene im ehemaligen Jugoslawien seit Jahren.

Kommt Željko zurück?

Das ist die Frage, die sich dieser Tage zehntausende Fans der legendären Band Bijelo Dugme aus Sarajevo im gesamten ehemaligen Jugoslawien stellen.

Bandgründer Goran Bregović und Sänger Željko Bebek sollen vor kurzem in Zagreb verhandelt haben, unter welchen Bedingungen der erste und langjährige Frontman der Truppe wieder für Bijelo Dugme auf der Bühne stehen könnte.

Zuletzt war Željko 2005 mit der wiedervereinten Band auf Tour – es war die wohl legendärste Revivaltournee der Musikgesichte.

Auf dem Höhepunkt verkaufte die schon seit 1989 nicht mehr existente YU Rock-Band 250.000 Karten im Hipodrom in Beograd – damals ein weltweiter Rekord für das größte Bezahlkonzert überhaupt, und bis heute lediglich eingestellt, nicht gebrochen.

Anders ausgedrückt: Etwas mehr als ein Prozent der Einwohner des damaligen ehemaligen Jugoslawien strömten für dieses eine Konzert zusammen.

Željko und Brega sollen 20 Jahre lang nicht miteinander geredet haben

Seit der Tournee sollen Željko und Brega kein Wort miteinander gewechselt haben.

Željko soll angemerkt haben, das sei nicht mehr Bijelo Dugme, und es dürfte wohl auch Meinungsverschiedenheiten über das Geld gegeben haben.

Heuer feiert Bijelo Dugme das 50-jährige Jubiläum. (Mehr erfahrt ihr HIER.)

Höhepunkt soll das Konzert in der Skenderija in Sarajevo am 11. Mai sein – im Dom Mladih, wo die Band 1974 ihren ersten Auftritt hatte. Die damalige Formation: Goran Bregović, Željko Bebek, Ipe Ivandić, Vlado Pravdić und Jadranko Stanković.

Kad bi bio bijelo dugme – einer dersten großen Hits, hier in einer Aufnahme des legendären Hajdučka česma-Konzerts in Beograd

Für das Jubiläumskonzert würde Brega nach eigenen Angaben gerne alle noch lebenden Mitglieder der Band auf der Bühne haben.

Tifa und Alen Islamović sind fix gebucht. Sie waren bei jeder Revival-Tournee der Band dabei.

Die Tournee soll die Band in 50 Städte führen – parallel zu laufenden Solotourneen der Künstler.

Željko ziert sich. Nach mehreren Medienberichten (siehe HIER und HIER) soll er unter der Bedingung bereit sein, dass sein Sohn Zvonimir als Gitarrist auftreten darf. Er spielt in Željkos eigener Band.

Brega soll das nicht gefallen, heißt es. Daran sei eine Einigung bislang gescheitert.

Wie Fans in Facebookgruppen schreiben, soll es am 28. April eine finale Verhandlungsrunde bei Željkos Manager geben.

Offizielle Bestätigungen über die Gespräche gibt es bisher nicht.

Es geht auch um die Interpretation des Zerfalls Jugoslawiens

Dass diese Gerüchte kursieren, ist vielsagend.

Wohl der Großteil der Bijelo Dugme-Fans wünscht sich Željko seit jeher für eine große Reunion zurück.

Wohl nie seit der großen Tour 2005 war der Druck so hoch wie unmittelbar vor dem groß beworbenen Jubiläumskonzert in Sarajevo.

Es wäre wohl ein, wenngleich später, Höhepunkt in der Karriere der erfolgreichsten Rockformation der jugoslawischen Musikgeschichte.

Kennt man die Gerüchte über das Zerwürfnis zwischen Brega und Željko geht es freilich um weitaus mehr als diese Band.

Es geht auch um die Reinterpretation des Zerfalls Jugoslawiens.

In jüngerer Vergangenheit ließ Željko wissen, er sei 1984 aus politischen Gründen aus Bijelo Dugme ausgestiegen. Er habe unter anderem die Songzeile „Ravna ti je Jugoslavija“ aus Lipe Cvatu nicht singen wollen – und auch nicht den Song Kosovska, den die Band auf Albanisch sang. Beide stammen aus dem Album Bijelo Dugme.

Zum einen habe er gefunden, die Band solle nichts mit Politik zu tun haben. Zum anderen habe er sich schon damals nicht mehr mit dem sozialistischen Jugoslawien identifizieren können.

Offiziell wurde 1984 kommuniziert, Željko sei nach Konflikten um Tantiemen ausgestiegen.

Welche der beiden Versionen stimmt, ist schwer zu sagen.

Hätte Željko 1984 mitgeteilt, dass er sich dem sozialistischen Jugoslawien nicht mehr zugehörig fühle, hätte ihm das schnell den Ruf des kroatischen Reaktionärs und Nationalisten eingebracht. Das wäre nicht sehr hilfreich für seine Solokarriere gewesen.

Gleichzeitig können seine jüngeren Aussagen auch ein Versuch sein, die eigene Biografie anhand der neuen politischen Verhältnisse umzudeuten. Immerhin lebt Željko seit dem Krieg in Zagreb, und hat die meisten seiner neuen Fans in Kroatien.

Brega beschwört gerne den antifaschistischen Freiheitskampf der jugoslawischen Partisanen und bedauert in Interviews den Zerfall des Landes. Auf seinen Konzerten spielt er immer das italienische Partisanenlied „Bella Ciao“, das auch im ehemaligen Jugoslawien sehr populär ist.

Brega hat auch den Ruf, mehr auf die eigenen finanziellen Vorteile zu schauen als auf die seiner Partner – was er selbst immer vehement bestreitet.

Echte Verhandlungen oder Teil der PR-Maschinerie?

In den aktuellen Verhandlungen – so sie stattgefunden haben – ist Željko in der stärkeren Position.

Eine große Fraktion unter den Fans sagt seit seinem Ausstieg 1984: „Ohne Željko ist es nicht mehr Bijelo Dugme“.

Andererseits hatte die Band mit Lipe Cvatu, Hajdemo u planine und vor allem mit Đurđevdan ihre größten Hits mit seinen Nachfolgern Tifa und Alen.

Es gibt auch nicht wenige Fans, die den 79-Jährigen für zu alt halten, um auf der Bühne zu stehen.

Endlos stark ist Željkos Verhandlungsposition unter diesen Gesichtspunkten auch wieder nicht.

Nicht auszuschließen ist, dass die Gerüchte um die Reunion Teil der PR-Maschinerie für die Jubiläumstournee der Band sind.

Sie kurbeln das öffentliche Interesse an Bijelo Dugme und den Konzerten der nächsten Monate kräftig an – egal, ob die Verhandlungen echt sind und zu welchem Ergebnis sie führen.

Das kann auch Jugoslawiens erfolgreichster Band nicht schaden.

Wenn ihr mehr über die jugoslawische Rock-Szene erfahren wollt, findet ihr einiges in dieser Reportage.

Vor wenigen Wochen ist auch die neue Auflage der Enciklopedija YU Rock von Petar Janjatović erschienen – das bislang umfangreichste Werk über Rock in Jugoslawien und seinen Nachfolgestaaten.

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