Die junge Beograder Fotografin Anđela Petrovski hat sich mit ihrer Seite Balkanium ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Sie will die Menschen am Balkan mit Geschichten zusammenbringen, die sie – und vielleicht andere – mit Bildern erzählt. Der Beginn sieht vielversprechend aus.
Die Augen sind, so ein vielleicht überstrapaziertes Sprichwort, das Fenster zur Seele eines Menschen.
Das mag stimmen oder nicht. Bilder jedenfalls sind – zumindest im Idealfall – Fenster in Geschichten und die Seele der Fotografin oder des Fotografen.
Dieser Idealfall ist bei Balkanium eingetreten.

Anđela Petrovski macht auf ihren Reisen mit ihrer Kamera die Schönheit des Alltags sichtbar, die Eleganz des Gewöhnlichen.
Und verrät mit ihren Fotos auch, wie sie die Dinge sieht, die ihr begegnen.
Mit Wärme, Neugier, Staunen, Liebe.
So wird aus jeder alltäglichen Begegnung, die Anđela auf Balkanium dokumentiert, etwas Außergewöhnliches.
Novi Pazar als Inspiration
Die Idee zum Projekt kam der Beograderin bei einem Besuch in Novi Pazar.
„From the warmth that in my opinion smaller towns usually have, via the coexistence and meeting of cultures in this town, and finally by making friends, I realized that I wanted to share this through photography and try to bring it closer to other people.
In the coffee and tea house Teferić I did my first story which paints everything I want to show, because just as Novi Pazar is a crossroads of cultures, so is a coffee and tea house the place that is unavoidable in everyday life of the people of this town.
Everybody here is friends, colleagues or neighbours. People laugh, they are dynamic, they walk from table to table greeting people they know and people they don’t know. They order a new round and start with a new story.“
Das Teferić in der Nähe des verfallenen Hamam ist so etwas ein Fixpunkt in Novi Pazar. Auch in Balkan Stories kam es schon vor.
Anđela freilich hat in ihren Fotos die Atmosphäre des Cafes festgehalten.
Aus dieser Liebe auf den ersten Blick wurde Balkanium.
Anđela will mit diesen Geschichten die Vielfalt des Lebens am Balkan zeigen.
Das Gemeinsame zeigen
Der Not und dem Elend wird sie nicht ganz entkommen, sagt sie.
Im Fokus steht etwas anderes. Die Buntheit der Menschen, die ihrer Meinung nach doch so viel gemeinsam haben.
„People here are very similar – the Balkans is a great crossroads of cultures, which resulted in interesting and rich consequences. From beautiful music, via customs, tradition and languages, the charisma these nations are known for is in my opinion the most important thing, as well as the beauty that people find in the simple things in life – the existing religions create aversion on the surface, but when you delve a bit deeper and experience coexistence of these people, a new and different image is formed.
This blog is here to remind the people of our similarities, of how interesting the differences among us are, and with that to remind us of the beauty and the positive side of life when we pay attention to the simple and small things that can make a person happy.“
Diese kleinen Dinge können Kaffeerituale in Bitola in Mazedonien sein oder Simeons kleinstes ethnographisches Museum der Welt in einem albanischen Dorf bei Tetovo oder eine Džezva in Montenegro.



Das Projekt steht relativ am Anfang. Ginge es nach Anđela, wäre sie um einiges weiter.
Covid-19 brachte Neustart
Die ersten Einträge auf der Seite stammen von Anfang 2018, einige weitere folgten bis Mitte 2019.
Das Leben kam dazwischen. Beziehungsweise ein Arbeitsplatz bei einem Verlag.
Der ließ wenig Zeit zum Geschichtenerzählen.
Bis Covid-19 kam.
Anđela nutzt die Zeit zu einem Neustart.
Das dokumentiert sie mit einem Beitrag, in dem sie näher auf die Geschichte von Balkanium eingeht und erklärt, was sie mit dem Projekt vorhat.
Daneben dokumentiert sie auf Facebook ihren Alltag in der Corona-Selbstisolation.

Hier greift sich auch wieder die ursprüngliche Idee von Balkanium auf.
Die Plattform war nie als Soloshow gedacht sondern soll Fotografinnen und Fotografen der Region einladen, Alltag und Schönheit ihrer Heimat zu dokumentieren.
„It was conceived as a magazine for photojournalists from all countries of the Balkans to share the stories and examples from their countries, thus introducing people to, or reminding people of their country, surprising us or teaching us something new, or realizing our similarities. The stories will contain certain messages, subtly proving that differences are not important, that there are good people everywhere, and that every change in difficult circumstances starts from the individual.“
Der Kreis schließt sich
In ihrem Konzept lehnt sich Anđela auch an zwei bestehende und bekannte Projekte an.
Humans of New York und People of Sarajevo – wobei letzteres sich vom New Yorker Beispiel inspirieren ließ und unter Leitung von Imrana Kapetanović binnen kürzester Zeit ein buntes und erfolgreiches Eigenleben entwickelte.
Aus Sarajevo wird man übrigens nach Ende der Pandemie spannende Fotogeschichten von Anđela erwarten können.
Sie bildet sich an der VII Academy in der bosnischen Hauptstadt fort.
Der Programm bietet hochkarätige Seminare und Workshops für Fotografinnen und Fotografen.
Womit sich ein bisschen der Kreis zu dieser Seite schließt.
Nicht nur ist Sarajevo meine erklärte Lieblingsstadt der Region. Auch ich habe dort eine Fotografieausbildung erhalten, meine Lehrerin war Majda Turkić, eine liebe Freundin, die auch hier schon des Öfteren Erwähnung fand.
Außerdem gehört das Teferić in Novi Pazar dem Bruder von Murat, der das Cafe Sezam gleich neben meinem Wohnhaus in Wien betreibt.
Mali je svet.
Klein ist die Welt.
Wenn wir das begreifen, kommen wir vielleicht besser miteinander aus.
Balkanium wird uns helfen, das zu verstehen.
Alle Fotos: (c) Anđela Petrovski
Die Geschichten von Balkanium könnt ihr HIER finden, HIER geht’s zur Facebook-Seite des Projekts.