SOS Balkanroute: Höchste Ehrung für Flüchtlingshilfe

SOS Balkanroute ist Ute Bock-Preisträger 2020. Das ist die höchste Auszeichnung für Flüchtlingshelferinnen- und helfer in Österreich. Geehrt wird die Organisation für ihre zahlreichen Hilfstransporte, mit denen sie Flüchtlinge unterstützt, die auf dem Weg in die EU in Bosnien gestrandet sind. Und dafür, dass sie auch nach der Schließung der Grenzen in Corona die Flüchtlinge und ihre örtlichen Helfer nicht im Stich lässt.

„Ich bin sprachlos“.

Petar Pero Rosandić zeigt sich gegenüber Balkan Stories überwältigt von der hohen Auszeichnung für SOS Balkanroute – das Projekt, das er gemeinsam mit der Kremsmünster Flüchtlingshelferin Brigitte Holzinger im Vorjahr ins Leben gerufen hat.

Dass Pero die Worte fehlen, ist ein seltenes Ereignis.

Als Rapper Kid Pex schildert er wortgewaltig seine Erfahrung als „Tschuschenkind“ in Wien und formuliert den Protest des neuen Proletariats.

Als Flüchtlingsaktivist nutzt er jede Gelegenheit, um die politisch Verantwortlichen für die Misere der Flüchtlinge entlang der Balkanroute anzuprangern: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz und die EU-Ministerräte, die schweigend wegschauen.

Auch Brigitte Holzinger ringt um Worte.

„Natürlich freue ich mich wahnsinnig“, sagt sie gegenüber Balkan Stories. „Aber ich muss das auch noch verdauen“.

Bis an den Rand der eigenen Kräfte

Es war ihr nie endendes Engagement für Menschen in Not, das Pero über die schwierigeren Stunden getragen hat, mit denen die Helferinnen und Helfer von Flüchtlingsinitiativen immer wieder zu kämpfen hat.

Das Skandallager Vučjak Bihać in Nordwestbosnien zehrte an den Nerven. Menschen zu sehen, die auf einer ehemaligen Müllhalde de facto entsorgt wurden und ohne Strom und fließendes Wasser ihr Dasein fristen müssen – das setzt zu.

(Über einen Hilfseinsatz von SOS Balkanroute und We Help in Bihać hat Balkan Stories ausführlich berichtet.

Nachlesen könnt ihr eine ausführliche Reportage HIER.)

Kaum hatten die bosnischen Behörden Vučjak, das der Bürgermeister von Bihać illegal hatte einrichten lassen, geschlossen, ging das Engagement in Tuzla weiter, dem zweiten Brennpunkt der bosnischen Flüchtlingskrise.

Tausende Flüchtlinge sind im Land gestrandet. Kroatien hatte die EU-Außengrenzen für sie dichtgemacht, die bosnischen Behörden kümmerten sich so wenig wie möglich um sie.

Ohne die freiwilligen Helferinnen und Helfer in der Gemeinde hätten die meisten Betroffenen nicht einmal Essen gehabt. (Bericht siehe HIER).

Pero und Brigitte organisierten Nahrung, Medikamente, Kleidung.

Hilfe auch bei geschlossenen Grenzen

Und als wegen Corona alle Grenzen geschlossen wurden, organisierten sie mit vielen Helferinnen und Helfern, die sich SOS Balkanroute mittlerweile angeschlossen hatten, tausende Euro an Spenden, die sie an Hilfsprojekte in Bihać, Tuzla und anderen bosnischen Gemeinden überwiesen.

„Auch wenn wir nicht vor Ort helfen können, wir tun, was wir können. Wir lassen niemand im Stich“, sagt Pero gegenüber Balkan Stories.

Wichtig seien „Hinschauen, Handeln und Helfen“, wenn sich Menschen in Not befinden, „über soziale und nationale Grenzen hinweg“. Nur so seien die aktuellen Krisen bewältigbar, begründet Alexander Pollak, Sprecher der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch, die Verleihung des heurigen Ute-Bock-Preises für Zivilcourage an zwei Aktivistengruppen aus dem Flüchtlings- und Asylbereich in der Online-Ausgabe der österreichischen Tageszeitung Der Standard.

Der zweite Preisträger ist der Verein Fairness Asyl.

Er und SOS Balkanroute teilen sich das Preisgeld von 4.000 Euro.

„Mit dem Geld können wir Flüchtlingen in Bosnien eine Zeitlang das Überleben ermöglichen“, sagt Brigitte.

Benannt ist der Ute Bock-Preis nach der legendären Flüchtlingshelferin- und Aktivistin in Wien.

Die gebürtige Linzerin Ute Bock leitete jahrzehntelang Einrichtungen, in denen sie sich vor allem um jugendliche Flüchtlinge kümmerte.

Ute Bock war erste Trägerin des nach ihr benannten Preises für Zivilcourage, der vom Verein SOS Mitmensch gestiftet worden war.

Der Preis wird am 19. Mai in einem Zoom-Meeting zumindest virtuell übergeben – von Altbundespräsident Heinz Fischer und seiner Frau Margit Fischer.

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