Nächste Woche präsentieren Autor Stephan Ozsváth und der Verlag danube books Stephans Wienmenschenportrait „Tschuschenaquarium“ erstmals öffentlich. Damit wird diesem liebevolle, witzige und nachdenkliche Mosaik über eine Weltstadt die Aufmerksamkeit zuteil, die es verdient.
Aus 20 Perspektiven erzählt der Berliner Journalist und Autor Stephan Ozsváth seine neue Heimat Wien in „Tschuschenaquarium“.
Und stellt schon mit dem Titel die Frage, was denn den typischen Wiener ausmacht, und das mit mehreren Ironieebenen.
„Tschuschenaquarium“ – so nannte der Volksmund jene öffentlichen Schwimmbäder, in denen viele Gastarbeiter schwimmen gingen.
„Tschusch“ war die gängige und nicht nett gemeinte ostösterreichische Bezeichnung für Gastarbeiter, vor allem für die aus dem ehemaligen Jugoslawien.
Mittlerweile hat sich der negative Aspekt des Wortes etwas abgeschliffen und die Nachfahren der Gastarbeiter und einige später zugezogene Migranten haben sich das Wort teilweise in einem ironischen Sinn angeeignet.
Woher das Wort kommt, ist ungeklärt.
Es gibt mehrere Theorien, und die erörtert Stephan mit einem der 20 Wiener Typen, die er in „Tschuschenaquarium“ vorstellt, mit dem bosnisch-österreichischen Linguisten, Autor und PR-Spezialisten Nedad Memić – der übrigens auch auf Balkan Stories schon das eine oder andere Mal zu Wort kam.
In seinen 20 Perspektiven zieht Stephan eine Schleife durch Wien, wie es war, und Wien, wie es ist, und das ganz unpathetisch und ohne den üblichen Sissi-Kitsch, für den sonst besonders deutsche Autoren so empfänglich sind.
Da kommt ein ehemaliger Hundeführer bei der Polizei genauso zu Wort – und zu was für einem – wie eine in Bulgarien geborene Künstlerin, die den harten Weg zum eigenen Atelier einschlagen musste, wie ein nicht kleinzukriegender deutscher Fußballfan oder eine ungarischstämmige Politikerin, die in Wien wegen ihrer teils arabischen Abstammung und ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert wurde, und ein Tätowierer, der mit WIen gebrochen hat und aufs Land gezogen ist.
Auch meinereiner darf eine der Perspektiven einnehmen und ist so zum Wiener Typen geadelt worden. Viel mehr kannst du in dieser Stadt nicht erreichen.
Womit „Tschuschenaquarium“ auch eine der immer wieder aufflammenden Fragen aufwirft: Was er denn ist, der Wiener als solcher.
Und klarmacht, dass diese Frage ehrlicherweise nicht beantwortet werden kann.
Nicht nur aufgrund der Tatsache, dass fast die Hälfte der Menschen in Wien in einem anderen Land geboren wurde oder Eltern hat, auf die das zutrifft, und dass diese Menschen alles andere als eine homogene Gruppe sind.
Erstens gibt’s ja auch Menschen wie meinereiner, die sozusagen Binnenmigrationshintergrund haben, das heißt, woanders aufgewachsen sind und als Jugendliche oder Erwachsene nach Wien gekommen sind.
Und zweitens bringt ja auch eine arbeitsteilige Gesellschaft in einer Zwei-Millionen-Stadt es mit sich, dass ihre Bewohner die Stadt völlig unterschiedlich erleben – verschärft durch ungleiche Einkommen und Vermögen in einer kapitalistischen Gesellschaft.
All diese Tatsachen macht Stephan schnörkellos wie liebevoll deutlich.
Und schafft so den Spagat, ein empathisches wie objektiv-nüchternes Portrait der Weltstadt Wien zu vermitteln.
Stephan Ozsváth: Tschuschenaquarium. Auf Tauchgang bei Wiener Typen.
ISBN 978-3-946046-29-5
Entstanden sind die 20 Portraits aus Stephans Podcast „Tschuschenaquarium“ – nachzuhören HIER.
Auf Stephans Youtube-Kanal könnt ihr einige der Episoden und einiges an Bonusmaterial nachsehen.