Die Stadt Sarajevo hat ein Denkmal für die Fußballlegende Ivica Osim enthüllt. Die Spieler seines alten Vereins Željezničar Sarajevo ehren den im Vorjahr verstorbenen Osim auf ihre Weise: Sie engagieren sich für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien.
„Mein Rücktritt ist das Einzige, was ich für meine Stadt tun kann. Sie sollen sich daran erinnern, dass ich aus Sarajevo komme. Sie wissen, was dort passiert.“
Mit diesen Sätzen protestierte er gegen den Krieg, der gerade in Bosnien ausgebrochen war, und machte darauf aufmerksam, dass seine Heimatstadt seit mehreren Wochen von der JNA und Einheiten der selbst erklärten Republika Srpska belagert wurden.
Diese Sätze stehen auf der Gedenktafel, die Benjamina Karić (SDP), Bürgermeisterin von Sarajevo, Ende vergangener Woche vor dem Stadion von Željezničar Sarajevo enthüllt hat.
Sie sind mehr als ein Zeichen, wie sehr der Internationalist Ivica Osim immer seiner Heimatstadt verbunden war.
Sie sind mehr als ein zeithistorisches Dokument.
In ihnen liegt alles, was Ivica Osim ausmachte. Sie sind Testament und Auftrag.
Osim war immer zuerst Mensch. Dann Fußballer. Und das sagt bei einem, der für seinen Sport gelebt hat, einiges aus. Vielleicht sogar alles.
Was zählt der Sport, was zählt die Karriere, wenn auf die Menschen, die du liebst, Artilleriegranaten hageln, eine feindliche Armee sie von Nahrung abschneidet und verrecken lassen will?
In diesen Sätzen geht es nicht nur um Sarajevo, nicht nur um den Bosnien-Krieg. Es geht ums Mensch sein.
Diese Sätze auf dieser Gedenktafel sind nicht Anbetung der Asche. Sie sind die Weitergabe des Feuers.
„Ivica Osim ist in sein Grbavica zurückgekehrt“, formulierte es Benjamina Karić. „Durch diesen guten Menschen Ivica Osim können wir stolz sein, Sarajlije zu sein, Bosnier und Hercegoviner zu sein. Danke dir für alles, Osim. Für die Erinnerungen, die Trophäen, für die großartige Geschichte Željos, du Strauß von Grbavica.“
Strauß und Švabo – das waren die Spitznamen Osims. Švabo wegen seiner blonden Haare, und Strauß aus seinen Zeiten als Trainer in Österreich, als Anspielung auf den Walzerkomponisten.
Zu Ehren Osims wird heute bei jedem Spiel in Grbavica der Donauwalzer gespielt.
Eine andere Art der Ehrung ließ die Mannschaft von Željos Osim am Tag nach der Denkmalsenthüllung angedeihen.
Die Spieler zeigten, dass der Geist Osims nicht aus dem Verein verschwunden ist.
Sie meldeten sich freiwillig, um im Hauptlager der Hilfsorganisation Pomozi Hilfsgüter für die Türkei und Syrien zu verpacken.
(Mehr über die außergewöhnliche Hilfsbereitschaft der Sarajlije könnt ihr hier nachlesen.)
Pomozi war dringend auf die Hilfe angewiesen: Das Hauptlager war vorvergangenes Wochenende buchstäblich in Sachspenden wie Decken, Hygieneartikeln und Winterkleidung untergegangen.
60 Sattelschlepper waren nötig, um alle Hilfslieferungen zu transportieren.
Hunderte Freiwillige – etwa die Spieler von Željo, Schülerinnen und Schüler einer Krankenpflegeschule, Polizeikadetten – brauchten bis knapp vor der Abfahrt, um alle Spenden versandfertig zu machen.
Die ersten 56 Lkws machten sich am Freitag auf den Weg in das Katastrophengebiet.
Nach Auskunft der Organisation sind die ersten im Erdbebengebiet in der Türkei eingetroffen.
Titelfoto: Pomozi