Der Tod einer Legende

Eine der größten Stimmen Kroatiens ist verstummt. Oliver Dragojević starb Sonntagmorgen in einem Spital in Split. Er hat die Musikszene im ehemaligen Jugoslawien über Jahrzehnte mitgestaltet und war bis zuletzt weit über die Grenzen seiner Heimat Kroatien hinaus beliebt.

„Abgang eines der Größten“. So titelt RTL Kroatien seinen Nachruf. „Abgang eines legendären Singer/Songwriters“, schreibt die serbische Seite Alo. „Croatian Music Legend Oliver Dragojević, 71, Has Died“, heißt es bei der englischsprachigen Seite „Total Croatia News„.

Nicht nur kroatische Medien sparen nicht mit Superlativen, um eine der bekanntesten Stimmen Kroatiens zu würdigen.

Bis zuletzt war Oliver Dragojević im gesamten ehemaligen Jugoslawien beliebt und darüber hinaus, wie die Reaktion von Berin Prcić zeigt.

Berin ist in Bosnien geboren und lebt seit dem Krieg als Musiker in Wien.

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„Für mich als Songschreiber war Oliver immer ein Mentor, eine Leitfigur die mir gezeigt hat wie man Komposition strukturiert, harmonisiert und literarisch bzw, textuell abrundet. Als Fan habe ich bei seinen Live-Auftritten immer sein aufrichtiges, pures, natürliches musikalisches Talent bewundert und genossen und mich in die unverfälschte Emotion seiner Musik einwickeln lassen“, sagt er gegenüber Balkan Stories.

Über Jahrzehnte hat Dragojević mit seinen Songtexten und seiner souligen Stimme die Musikszene seiner Heimat geprägt. Zuerst in Jugoslawien, und nach dessen Zerfall in Kroatien.

Charakteristisch für ihn war, dass er das Bombastische mied, das die Populärmusik am Balkan seit gut 20 Jahren dominiert, und die Musik auf ihre Essenz reduzierte, ob als Songwriter, Komponist oder als Sänger.

Das war von Beginn seiner Karriere an sein Markenzeichen. Hier singt er den Titelsong des jugoslawischen Partisanenfilms Boško Buha.*

Zu seiner Popularität trug auch seine Biographie bei. Dragojević arbeitete sich vom Musiker auf skandinavischen Kreuzfahrtschiffen zur Musiklegende hoch.

Legendäre Auftritte

Legendär waren vor allem seine Live-Auftritte, erinnert sich Berin: „Die Konzerte im Wiener AKzent Theater werden mir in der Erinnerung bleiben, weil das Ambiente intim war und er oft gesungen hat nur in der Begleitung eines Klaviers oder einer E-Orgel. Das waren wirklich magische Momente, die ich nur bei Prince oder Bob Dylan erleben durfte.“

Für viele Musiker mit (ex-)jugoslawischen Wurzeln waren die Auslandsauftritte von Dragojević immer auch wichtige Inspirationsquellen für das eigene Schaffen.

Mehr als viele andere Musiker aus der Region trug er so zur Weiterentwicklung der YU-Musik in der Dijaspora bei.

Bei all seiner Popularität war Dragojević nicht unumstritten. Er weigerte sich seit dem Krieg, in Serbien aufzutreten. Einige serbische Fans nahmen ihm auch übel, dass er sich bei Konzerten mit Vertretern von Kroatiens katholischer Kirche ablichten ließ. Die katholische Kirche ist eine der Hauptträgerinnen des nationalistischen kroatischen Narrativs.

Seine CDs kauften sie trotzdem. Seine Musik stand und steht für menschliche Wahrheiten jenseits von Politik und Nation.

Titelbild: (c) Dušan Smolnikar

*Dank an die Seite Antifašistički Vjesnik für die Bereitstellung des Videos.

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