Teile Bosniens sehen sich der größten Hochwasserkatastrophe seit Jahrzehnten gegenüber. Besonders schwer betroffen sind die Hautpstadt Sarajevo und zumindest das obere Neretva-Tal in der Herzegovina. Dutzende Menschen wurden in ihren Häusern eingeschlossen. Ausgelöst haben die Flut vor allem anhaltend und überraschend starke Regenfälle in der Nacht auf Freitag.
Es fehlte nicht mehr viel und die Miljacka wäre über ihre regulierten Ufer samt Kaimauer getreten.
Das Stadtzentrum von Sarajevo war zeitweise der Länge nach in zwei Teile geteilt. Das zeigen unter anderem diese Fotos, die der Journalist Almir Panjeta Balkan Stories zur Verfügung gestellt hat.
Einen Eindruck geben auch diese Bilder von Merima Mulič.
Zumindest eine Brücke weiter flußabwärts in der Nähe des Nationalmuseums und des Historischen Museums wurde für Fußgänger gesperrt. Zahlreiche Straßen standen unter Wasser, die Schule fiel am Freitag aus.
Die Bosna trat im Stadtviertel Ilidža am Stadtrand über die Ufer. Sie hat dort ihre Quelle.
Dutzende Wohnhäuser und Wohnhäuser standen unter Wasser, wie Luftaufnahmen zeigen.
In Otes, einer Katastralgemeinde, schlossen die Wassermassen Dutzende Menschen in ihren Häusern ein. Der bosnische Zivilschutz rettete sie mit Schlauchbooten. Unter den Geretteten ist auch ein Kleinkind.
Auch ein Seniorenheim wurde evakuiert.
In Rajlovi, einer weiteren Katastralgemeinde, wurde die Sauerstoff-Fabrik Messer überflutet. Sie stellt Sauerstofftanks unter anderem für Beatmungsgeräte für Covid 19-Patienten her.
Auch der Fluss Željeznica trat über die Ufer.
In Ost-Ilidža, der Nachbargemeinde im serbisch dominierten Teilstaat Republika Srpska, hat Hochwasser die Fundamente einer Tankstelle und eines Motels unterspült.
Am Freitagvormittag fiel der Strom in Sarajevo aus. Die Fluten hatten ein größeres Umspannwerk erreicht.
Auch die Autobahnabfahrt in der bosnischen Hauptstadt stand unter Wasser.
Die Regierung des Kanton Sarajevo betonte am Freitag, dass die Lage ernst, aber unter Kontrolle sei. Edin Forto, Premierminister des Kanton, rief die Bürger auf, nach Möglichkeit zuhause zu bleiben.
Umstritten ist, wie sehr die Lage unter Kontrolle ist. Es ist das schlimmste Hochwasser in Sarajevo seit mindestens 20 Jahren.
Das Hochwasser war buchstäblich über Nacht gekommen. Von Donnerstag auf Freitag hatte es ausnehmend stark geregnet.
„So einen Regen hab ich noch nie erlebt“, sagt eine Einwohnerin gegenüber Sarajevo. „Normalerweise hört so starker Regen nach kurzer Zeit wieder auf, diesmal hat es die ganze Nacht gedauert.“
Stark geregnet hatte es auch in anderen Teilen Bosniens.
Die Kleinstadt Trnovo in Ostbosnien war zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten beziehungsweise nur über den Umweg über den Berg Igman zu erreichen.
130 Schafe ertranken in den Fluten, 100 Häuser wurden überflutet.
Menschen dürften sich keine in den Fahrzeugen befunden haben.
Bis jetzt gibt es keine Berichte über Tote oder Verletzte.
Der Starkregen hat vor einigen Stunden aufgehört. Nach wie vor regnet es aber. Und für morgen ist Regen in ganz Bosnien angesagt.
Entspannung dürfte es erst am Sonntag geben. Dann dürfte der Regen für zumindest ein paar Stunden aufhören.
Titelfoto: Merima Mulič